1924 - 2024
100 Jahre - Jägerzug "Germania"
- Von Turnverein bis Tradition in die dritte Generation –
Der 1924 gegründete Jägerzug Germania gehört zu den absoluten Urgesteinen des Bürger-Schützen-Verein 1924 Wevelinghoven e.V. Da diese Zuggemeinschaft aus dem bereits 1896 gegründeten Turnverein Germania hervorging, ist keine Gründungsversammlung mit genauem Gründungsdatum überliefert. Als die Gründer des Bürger-Schützen-Vereins alle Wevelinghovener Vereine dazu aufriefen, beim ersten Schützenfest mitzumarschieren, folgten die Turner diesem Aufruf bereitwillig: Im ersten Regiment marschierten vom 20. bis 22. September 1924 erstmals “Germanen” in den Reihen der Wevelinghovener Schützen.
Dass die Züge anfangs noch keine Eigennamen hatten und lediglich die Zugführer benannt wurden, macht jede Recherche schwierig. Unter den ersten 15 Goldjubilaren des BSV Wevelinghoven im Jahr 1965 waren mit Adam Klasen und Bernhard Buchkremer zwei Germanen. Das beweist wohl sicher, dass es sich bei dem Jägerzug Germania um einen Zug der ersten Stunden handelt. Für die allgemeine Korrektheit der Wevelinghovener Statistiken und Dokumentationen spricht dabei, dass die ersten Goldjubilare im Jahr 1965 geehrt wurden, obwohl viele bereits am ersten Schützenfest 1924 teilgenommen hatten. Der Hintergrund ist, dass der Bürger-Schützen-Verein 1924 Wevelinghoven am 02.11.1924 und damit erst nach dem Schützenfest 1924 gegründet wurde.
In der Zugliste von 1929 wurde der heutige Jägerzug „Germania“ noch als Jägerzug „Frisch Auf” mit dem Zusatz “Turnverein Germania” geführt. Wann der Jägerzug Germania tatsächlich als solcher geführt wurde, lässt sich nicht mehr genau feststellen. In der Chronik des Turnvereins anlässlich des 125-jährigen Jubiläums im Jahr 2021 heißt es dazu:
„Am 15. März 1950 fand die Generalversammlung im Vereinslokal Rütten statt. Es wurde der Beschluss gefasst, wieder aktiv am Schützenfest teilzunehmen. Die Turnbrüder Willi Feuster, Helmut Gärtner, Josef Lipp und (Josef) Noethen wurden beauftragt, die nötigen Vorbereitungen zu treffen. Hieraus entstand der Jägerzug Germania.“
Dazu passt, dass in der chronologischen Liste der Königspaare des BSV Wevelinghoven die Schützenkönigspaare Willi I. und Margarete Leuffen (1930/1931) und Josef I. und Gertrud Gerard (1938/1939) unter dem Zugnamen Jägerzug Frisch Auf und erst die späteren Schützenkönigspaare Dr. Friedrich-Karl I. und Waltraud Kottmann (1954/1955), Josef III. und Angela Lipp (1964/1995), Franz-Josef I. und Christel Klasen (1967/1968), Hubert IV und Else Wilden (1978/1979), Harm I. Abels und Liesel Basner (1983/1984), Christian I. Ohligs und Ilse Ohligs-Dierdorf (1989/1990) und Hubert V. Hambloch und Elly Wingerath (1999/2000) unter dem Zugnamen Jägerzug Germania geführt werden.
Fritz I. und Anna Elsenbruch (1934/1935) werden in der Liste der Schützenkönige des BSV Wevelinghoven ohne Nennung eines Zuges geführt. Da Fritz Elsenbruch Vorsitzender des Turnvereins 1896 Germania e.V. war, wird er von den Mitgliedern des Jägerzugs Germania aber klar als eines ihrer Schützenkönigspaare gesehen.
Auch außerhalb von Wevelinghoven sind die Germanen im Schützenwesen aktiv. Nachdem das langjährige Mitglied Jürgen Maack aus familiären Gründen zusammen mit seiner Frau Gabi nach Waldbreitbach gezogen ist, trat er der dortigen St. Sebastianus Schützenbruderschaft bei und ist im Jahr 2024 dort Schützenkönig. Die Mitgliedschaft im Jägerzug Germania und dem BSV Wevelinghoven besteht natürlich weiter. Einmal Germane, immer Germane!
Bei der Wiederaufnahme des Schützenfestes im Jahr 1949 war der Jägerzug Germania wieder von Anfang an mit dabei und meldete 21 Schützen. Von diesen feierten Franz-Josef Klasen, Wilhelm Klasen, Wilhelm Maasen und Hans Schmitz im Jahr 1999 ihr 50-jähriges Jubiläum. Ehrenpräsident Hilmar Krüll und Ehrenoberst Rudi Gehlen, die 1999 ebenfalls ihr 50-jähriges Jubiläum feierten, starteten ihre Schützenlaufbahn 1949 als junge Männer gemeinsam mit dem späteren Jägeroberst Josef Noethen ebenfalls in der Germania.
Auch in Sachen Vereinsaktiva besteht zwischen dem Jägerzug und dem Turnverein Germania eine enge Verbindung. Da zu Beginn der 1970er Jahre die am 20. August 1905 geweihte Vereinsfahne des Turnvereins Germania 1896 e.V. derart beschädigt war, dass sich die bemalte Seide teilweise aufgelöst hatte, sollte zum 75-jährigen Jubiläum 1971 einen neue Vereinsfahne angeschafft werden. Der für die Anschaffung der neuen Vereinsfahne erforderliche Betrag wurde durch Spenden finanziert. Ein Drittel des erforderlichen Betrags wurde vom Jägerzug Germania aufge-bracht. Daher darf der Jägerzug Germania die Vereinsfahne an den Schützenfesttagen nutzen.
In den Jahren 1955 bis 1984 baute der Jägerzug Germania 19 Großfackeln, mit denen Sie stets den Fackelzug am Samstagabend bereicherten. So beschäftigte man sich 1977 mit der kommunalen Neugliederung und versuchte, das Grevenbroicher „Verwaltungsungeheuer“ zu bändigen. Auch 1979 bewies der Jägerzug Germania Weitsicht - bereits damals sah man unter dem Titel Energie 2000 die Energiewende hin zu Wind- und Wasserkraft voraus. Bei der Fackelprämierung belegte der Jägerzug Germania regelmäßig vordere Plätze. Die beiden genannten Fackeln schafften es sogar auf den ersten Platz. Auf der letzten Fackel 1984 setzten sich die Germanen nicht mit kritischen Themen auseinander, sondern feierten unter dem Titel „Königliche Grillparty“ ihr Schützenkönigspaar Harm I. Abels und Liesel Basner. Diese letzte Fackel erreichte bei der Fackelprämierung - aus Sicht der Germanen – nur den 5. Platz.
Aber auch vor 1949 haben die Germanen bereits Fackeln gebaut, so wird der Jägerzug Frisch Auf (heute Germania) in der Chronik anlässlich des 75-jährigen Jubiläums des BSV Wevelinghoven im Jahr 1933 mit einer Fackel erwähnt, die eine Ziegenzuchtausstellung aufs Korn genommen hat und im Jahr 1935 mit einer Fackel, die unter dem Titel „Eugens Enthauptung“ den Königsball des vorherigen Jahres persiflierte.
Altersbedingt nahm der Jägerzug Germania 2018 letztmalig aktiv an den Umzügen des BSV Wevelinghoven teil, wobei er in den letzten Jahren als Zuggemeinschaft mit dem Partnerzug Grön Gemöß marschierte. Auch nach 2018 trifft man sich an den Schützenfesttagen, um gemeinsam zu feiern. Andere Aktivitäten wie die regelmäßigen Zugversammlungen und der jährliche Zugausflug finden bis heute statt. Da man die Uniformen nicht mehr benötigte, beschloss man, die Uniformen dem Bürger-Schützen-Verein zur Verfügung zu stellen, damit diese hoffentlich von einem jüngeren Zug genutzt werden können. Obwohl man sich eigentlich gewünscht hätte, den Jägerzug Germania durch Neuaufnahmen zu verjüngen, schien der Jägerzug Germania langsam „einzuschlafen.“
Erfreulicherweise gelang es Jägermajor Nikolai Dohlen, hier den Kontakt zur „nächsten Generation“ herzustellen. Nach einigen Gesprächen entschloss man sich, den Jägerzug Germania gemeinsam am Leben zu erhalten. Dazu sind die sechs jungen Männer Jonas Buchkremer, Anton Gaida, Erik Gehlen, Dominik Hartmann, Konrad Schneider und Marlon Steinhardt in den Jägerzug Germania eingetreten. Sie werden gemeinsam mit den zehn verbliebenen „Alt-Germanen“ Harm Abels, Heinrich Bayer, Günter Bolz, Walter Gehlen, Hubert Hambloch, Peter Harth, Josef Kluth, Jürgen Maack, Heinz Nover und Hubert Wilden eine Zugmeldung abgeben. Mit 16 aktiven Mitglieder gehört der Jägerzug damit wieder zumindest auf dem Papier zu einem der größeren Schützenzüge.
Damit die Königskette wieder über das Schützenfest, insbesondere während der Umzüge präsentiert werden kann, haben die „Alt“-Germanen diese zusammen mit den Offiziersdegen bereits an die „Jung“-Germanen übergeben. Außerdem wurden die Uniformen aus dem Schützenzimmer zurückgeholt, da die Germania diese jetzt ja wieder selbst benötigt. Da kein neuer Zug gegründet wurde, sondern der bestehende Jägerzug Germania neue Mitglieder aufgenommen hat und somit weitergeführt wird, bleibt auch die Vereinbarung bezüglich der gemeinsamen Nutzung der Vereinsfahne von 1971 durch Schützen und Turner unverändert bestehen, so dass die Vereinsfahne im Jubiläumsjahr nach einer kurzen Pause wieder auf der Straße präsentiert wird.
Aufgrund des großen Altersunterschiedes bestehen sicherlich unterschiedliche Interessen, so dass ein gemeinsamer Schützenzug von Jung und Alt nicht immer ein Selbstläufer sein wird. Aber mit Verständnis und ein bisschen Offenheit auf beiden könnte es gelingen, die Geschichte dieses traditionsreichen Zuges fortzuführen.